Warum wir die neue Telekom-Partner-App Humin nicht zur Nutzung empfehlen

| 11. Dezember 2014 | 4 Kommentare

Humin IconWenn ein StartUp von der Deutschen Telekom unterstützt wird und als Standard-App auf Telefonen vorinstalliert werden soll, ist das eine Art Ritterschlag für das Produkt. Bei der neuen App Humin – Telefon und Kontakte von der Humin, Inc. ist das der Fall. Offenbar hat man dort die Telekom-Manager so begeistert, dass diese beide Augen geschlossen haben und nun meinen, ein Super-Tool im Portfolio zu haben.

Klar, es hört sich sehr gut an, was Humin den Nutzern verspricht: Die App bringt Deine Kontakte in Ordnung und verhält sich dabei dank künstlicher Intelligenz fast wie ein Mensch. Zu jedem guten StartUp gehört eine Problemlösung. Was ist hier das Problem? Smartphones speichern Kontakte alphabetisch und wenn man schon lange ein Smartphone hat, dann kommt da ganz schön was zusammen. Jeder von uns hat es schon mal erlebt, dass man nicht mehr wusste, wer da unter dem Namen XY eigentlich gespeichert ist. Und genau hier kommt die versprochene Problemlösung der intelligenten App ins Spiel. Durch Kombination verschiedener Informationsquellen (z.B. Facebook) und eine verbesserte Suche soll man mit Humin Kontakte so verwalten können, wie es das Gehirn tut.

Und wenn man ein wenig schlampig ist und doppelte Einträge im Telefonbuch hat, führt Humin die ganz automatisch zusammen. Toll, oder?

Humin weiß auch, welche gemeinsamen Freunde Du und ein neuer Kontakt habt. Das geht natürlich einfacher für die App, wenn Du ihr Zugang zu allen möglichen Social-Network Konten gibst. Bisher war facebook verpflichtend, jetzt ist es freiwillig…

Humin hat sich die Unterstützung der Deutschen Telekom gesichert und ist jetzt in Deutschland an den Start gegangen. (Screenshot Humin Webseite)

Humin hat sich die Unterstützung der Deutschen Telekom gesichert und ist jetzt in Deutschland an den Start gegangen. (Screenshot Humin Webseite)

Wenn man sich nämlich die Mühe macht, die Nutzungsbedingungen durchzuarbeiten, dann fallen einem gleich mehrere Punkte auf:

  1. Die Nutzungsbedingungen sind allein in englischer Sprache. Damit verlieren die meisten Deutschen jede Lust, die Bedingen zu lesen. Und genau das scheint auch gewollt zu sein.
  2. Als Nutzer darfst Du Humin nicht verklagen, egal was die anstellen. Du verzichtest bei Anmeldung darauf, das Unternehmen vor ein Gericht zu bringen. Schon allein das scheint mir juristisch nicht möglich. Natürlich gilt das auch für alle Humin-Mitarbeiter…
  3. Wenn Du Inhalte (Texte) und Dateien (Bilder, Videos, etc.) über Humin veröffentlichst, gibst Du Humin ein weltweites, nicht-exklusives Nutzungsrecht unter Verzicht auf eine Bezahlung. Dieses Nutzungsrecht gilt für die Speicherung, die Vervielfältigung, die Anzeige und Änderung sowie die Übertragung Deiner Werke. Und Humin hat sogar das Recht, Deinen Content weiterzulizensieren, das bedeutet, dass andere von Humin Deine Werke kaufen können. Wie gesagt, Du verzichtest auf jede Honorierung). Dies gilt für alle heute bekannten Medienarten und alle in der Zukunft noch zu entwickelnden Medien. Humin kann also mit Deinem Content machen, was sie wollen.
  4. Natürlich bist und bleibst Du allein verantwortlich, wenn mit Deinen Inhalten und Dateien etwas nicht stimmt. Wenn zum Beispiel Urheberrechte anderer verletzt werden, weil Du einfach mal ein Bild „ausgeliehen“ hast. Wenn Humin dafür angegangen würde, würde man ganz einfach auf Dich verweisen.
  5. Entsprechend erwartet Humin natürlich von Dir, dass Du erklärst, sämtliche Rechte an jedem von Dir geposteten Content zu haben.

In der Gesamtheit sind die Nutzungsbedingungen so, dass Du als Nutzer auf alle Rechte verzichtest, diverse Pflichten übernimmst und der Service für Dich jederzeit ohne Begründung oder gar Mitteilung von Seiten Humin beendet werden kann.

Eine Blaupause für typische Nutzungsbedingungen, die den Nutzer komplett entrechten.

Schaut man in die ebenfalls nur in englischer Sprache vorliegenden Datenschutzbestimmungen, gibt Humin an, dass man nie die persönlichen Daten der Nutzer an andere verkaufen werde und auch auf Werbung und Promotions verzichte. Die Zugangsdaten für Social Networks, Email-Postfächer würden allein auf Deinem Gerät gespeichert und nicht auf die Humin-Server gelangen. Eine Kopie Deiner persönlichen Daten (Name, Adresse, Telefonnummer, Email-Adresse und öffentlich zugängliche Bilder) werde aber sehr wohl bei Humin gespeichert (das geht auch nicht anders, wenn so ein Service geboten werden soll).

Was mir auch noch auffällt, ist, dass man mit einer App rauskommt, die eigentlich noch nicht fertig ist, so gibt es noch mehrere Kinderkrankheiten. iOS8 wird nicht voll unterstützt und Nutzer berichten zum Beispiel von der Übernahme der Mailbox durch Humin. Da kommt dann auch eine englische Standard-Ansage – und wenn man die Humin Mailbox deaktiviert, kommt man nicht mehr an die Nachrichten auf der Mailbox ran.

In einem Interview mit Gründerszene sagt Humin-Gründer Ankur Jein zu den Plänen von Humin:

Je besser wir lernen, die Beziehungen zwischen einzelnen Kontakten zu verstehen, um so genauer können wir den Kontext anpassen: Wenn jemand zu Besuch in Deiner Stadt ist, wer am nächsten Termin teilnimmt – falls man spät dran ist. Das Ganze lässt sich natürlich in Autos und Smartwatches einbauen.

Wenn das dann gaenauso gut funktioniert…

Nicht zu vergessen, dass Humin Zugriff auch möglichst alle persönlichen Daten auf Deinem Telefon und in Sozailen Netzwerken will. Da entsteht eine riesige Daten-Krake und Du als Nutzer bist rechtlos…

 

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Kategorie: Appzocke, Meinung, Neue Apps

Information zum Autor des Beitrages ()

Markus Burgdorf startete App-kostenlos.de im Januar 2010 und hat seitdem über 10.000 Apps getestet. Mittlerweile berät er über die App Agency App-Herausgeber in den Bereichen Vermarktung von Apps, Entwicklung von Apps, Internationalisierung und arbeitet mit seinen Kunden daran, das Nutzererlebnis bei der Verwendung von Apps zu verbessern.

Kommentare (4)

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  1. Marc R. sagt:

    Danke für den Artikel,

    als Mitarbeiter der Deutschen Telekom habe ich diesen Artikel einmal unseren Kollegen beim Datenschutz gemeldet. Ich bin gespannt, was deren Überprüfung ergibt.
    Wir als Deutsche Telekom verstehen uns als Unternehmen mit hohen Ansprüchen an Datenschutz und Datensicherheit, weshalb ich sicher bin, dass auf diesen Artikel reagiert wird.
    Die hier aufgeführten Punkte sind aus meiner Sicht nicht mit unseren Grundsätzen in Einklang zu bringen.

  2. Horst Kunze sagt:

    Danke für die Warnung! Eine weitere Datenkrake wird auf ahnungslose Konsumenten losgelassen, aber dank Artikel wie diesem wird sie es vielleicht schwerer haben, sich zu etablieren… als treuer Stammleser Eurer Seite: Vielen Dank und weiter so!

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