So nicht, Meine Emma! Negativ-Beispiel für eine Mädchen-App

Ich stelle ja jeden Tag gute Apps vor, bei denen sich die Entwickler richtig Mühe geben, den Nutzern ein angenehmes Nutzungserlebnis zu bieten. Doch auf meinen Erkundungsreisen durch den App Store sehe ich auch fast täglich Apps, die eine Vorstellung nicht lohnen. Vor manchen Apps kann man sogar nur warnen. Zum Teil sind diese Apps in den Charts, weil gerade eine Marketing-Aktion für sie läuft und so fallen dann täglich tausende Nutzer auf die Versprechungen im App Store herein und werden dann übelst enttäuscht.

Gerade bei Apps, die als Zielgruppe Kinder haben, schaue ich ganz genau hin und wäge ab, ob ich diese App empfehlen kann.

Der Baby-Simulator Meine Emma .) von Crazy Labs ist eine App für Kinder, die mir übel aufstösst. Meine Emma 🙂 richtet sich an Mädchen, die gerne im Spiel ein Baby adoptieren und dann sich um das Kleinkind kümmern möchten. In grellen Farben gestaltet, könnte die App zu einem liebenswerten Begleiter für ein Mädchen werden. So eine Art Puppenstube auf dem iPad oder iPhone.

Die Nutzerin muss sich wirklich kümmern, das Kind füttern, waschen, ankleiden und mit Spielen unterhalten. Tatsächlich ist das auch recht gut gemacht. Es geht recht einfach und es gibt sehr viel Spielinhalte. So weit, so gut. Die App ist kostenlos im Download, so gibt es keine Hürde für den Start.

Doch kaum hat man die App auf dem iPad installiert, wird man mit Werbung zugeballert. Und das in einer Frequenz, die kaum auszuhalten ist. Zum Teil poppt die Werbung auch genau dann auf, wenn man den Finger auf das Display senkt, um eine Aktion durchzuführen. Wenn man also nicht schnell genug reagiert, ruft man unabsichtlich die Werbung auf. Dazu gibt es am unteren Spielfeldrand noch Dauereinblendungen von Anzeigen.

Wenn man trotz dieses Bombardements mit Pop-Ups trotzdem versucht, das Spiel zu spielen, laufen die ganzen typischen Tricks, die ich immer wieder mit dem Anfixen der Drogenszene vergleiche:

Zunächst geht alles wie von allein, man hat Erfolgserlebnisse im Minutentakt und das Baby wächst und man bekommt ständig ein paar Münzen zugeworfen. So gewöhnt sich die Nutzerin an „ihr Baby“ und fühlt sich zunehmend für das Wohlergehen des Kindes verantwortlich. Das meldet sich dann auch häufig per Push-Meldung, verlangt Essen, will schlafen oder spielen…

Doch schon am zweiten Tag (!) wird deutlich, dass es hier darum geht, möglichst schnell In-App-Käufe zu generieren. Das Essen kostet plötzlich Münzen, genau wie die Bekleidung. Und diese Kosten sind natürlich höher, als die Almosen, die man für die Erledigung der Aufgaben erhält. Das Kind braucht nämlich gleich mehrere Lebensmittel, so das das Füttern ordentlich ins Geld geht. Realistisch? Nein. Denn das wäre so, als würde ein Eis, eine Gurke oder eine Mohrrübe jeweils 30 Euro kosten.

So schwindet das Guthaben beachtlich schnell und nach kurzer Zeit kann ich das Kind nur noch betreuen, wenn ich echtes Geld investiere. Zum Beispiel, indem ich einen Münzlaster für 99,99 Euro kaufe. Nun gibt es ja zum Glück nicht mehr den passwortfreien In-App-Kauf, wenn Kinder aber das Passwort kennen, kann es bei diesem Spiel dann doch dazu kommen, dass ein Münzlaster nach dem anderen geordert wird. Denn schließlich hat die Nutzerin ja die Verantwortung für das virtuelle Kind übernommen…

Apps für Kinder sollten so nicht sein. Und deshalb achte ich bei meinen App-Vorstellungen auch darauf, solche Apps garnicht erst vorzustellen. Ich verlinke deshalb auch nicht auf diese App und warne Eltern davor, so etwas auf ihre Kinder loszulassen.

Die Zielgruppe von Meine Emma ist klar: Mädchen, die mit Puppen spielen und etwa bis 10 Jahre alt sind. Doch hinter den kindgerechten Grafiken verbirgt sich ein System, das möglichst schnell möglichst viel Geld machen soll. Auf Kosten der Kinder (und ihrer Eltern).

10 Tipps zum Umgang mit Kinder-Apps für Eltern:

  1. Ein iPad oder iPhone in Kindeshand kann noch immer für das Kind und Euch gefährlich sein, auch wenn viele Fallen bereits ausgeräumt worden sind. Geht verantwortungsvoll mit der Überlassung dieser Geräte an Eure Kinder vor. Schaut ihnen zu, wie sie Spiele spielen und unterhaltet Euch darüber.
  2. Deaktiviert das neuerdings mögliche passwortfreie Laden kostenloser Apps. Mittlerweile sind sehr viele Apps dauerhaft im Download kostenlos, die dann im Spiel versuchen, ihr Geld zu verdienen.
  3. Gebt Euren Kinder nicht das Passwort für den App Store Account. Mit dem Passwort können nicht nur Apps geladen werden, es können auch In-App-Käufe getätigt werden – und dass nahezu unbegrenzt.
  4. Passt auch auf, dass Eure Kinder Euch nicht dabei beobachten, wie Ihr das Passwort eingebt. Sonst kann es zu unangenehmen Überraschungen kommen. (Ein Junge in England hat zum Beispiel für 2.500 Euro Beeeren in einem Schlumpfspiel gekauft).
  5. Erklärt Euren Kindern, wie In-App-Käufe funktionieren, das sie echtes Geld kosten und was man wirklich davon hat.
  6. Prüft bitte selbst heruntergeladene Apps zügig auf die üblichen Tricks (Werbung, verniedlichte In-App Käufe, Chats, Datenschutz)
  7. Löscht die Apps wieder, die gegen die guten Regeln für gute Kinder-Apps verstoßen
  8. Schreibt dann eine kritische Bewertung am App-Store
  9. Sprecht mit Euren Kindern darüber, warum Ihr diese App gelöscht habt.
  10. Lest regelmäßig App-kostenlos, denn hier bekommt Ihr geprüfte Kinder-Apps gratis, die wir mit gutem Gewissen empfehlen können.

 

Markus Burgdorf

Markus Burgdorf startete App-kostenlos.de im Januar 2010 und hat seitdem über 10.000 Apps getestet. Mittlerweile berät er über die App Agency App-Herausgeber in den Bereichen Vermarktung von Apps, Entwicklung von Apps, Internationalisierung und arbeitet mit seinen Kunden daran, das Nutzererlebnis bei der Verwendung von Apps zu verbessern.

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Markus Burgdorf

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