Auch heute habe ich keine App für Euch… aber Anmerkungen zur App-Store-Entwicklung 2017

| 31. Dezember 2017 | 5 Kommentare

App-kostenlos IconDas Jahr 2017 geht zuende, wie es in den letzten Monaten häufiger war: Mit der Suche nach einer wirklich empfehlenswerten App, die kurzzeitig kostenlos angeboten wird. Doch wie schon öfter in der letzten Zeit, kann ich Euch auch heute nichts Gutes anbieten. Also lasse ich es lieber.

Die Apps, die jetzt auf kostenlos gestellt werden, haben zumeist einfach ihr Geschäftsmodell verändert. Kostenloser Download, aber wer die App wirklich nutzen möchte, muss zahlen. Die fairen App-Herausgeber schreiben das dann auch im Beschreibungstext oder verstecken es zumindest in der Update-Notiz. Die unfairen tun das nicht, weil sie noch den Effekt mitnehmen möchten, dass mehr Leute ihre App runterladen, weil sie ja nun kostenlos zu sein scheint.

Dann gibt es noch die Gruppe der chinesischen oder indischen Apps, deren Preis zwischen 8,99 Euro und kostenlos schwankt. 8,99 Euro für eine schlechte Kopie eines Fahrspieles, oft in hundertfacher Variation im App Store vorhanden. Mal heißt es Truck-Simulator XY, dann Offroad-Adventure, dann  City Cargo oder TrafficJam. Es sind immer die gleichen schlecht gemachten Spiele, deren In-App-Werbung das ohnehin mäßige Spielerlebnis nochmal trüben.

Der App Store hat sich meiner Meinung nach auch in 2017 wieder deutlich zum Nachteil entwickelt.

Getrieben von einem zum Teil sicher verständlichen Profitstreben sind die Apps und Spiele heute weitaus schlechter, als noch vor drei, vier Jahren. Das betrifft nicht alle, aber der Anteil der Abzocker-Apps hat sehr stark zugenommen. Bei mir führt das dazu, dass meine neuen Geräte noch richtig Platz haben, das sah früher anders aus. Ich nutze nur noch ausgewählte Apps, von denen ich weiß, dass diese mich nicht ständig abzocken wollen.

Die riesigen Einnahmen mancher Apps, die jeden Psychotrick zur Animation von Mikrotransaktionen, die im App Store In-App-Purchases heißen, nutzen, haben es fairen Anbietern nahezu unmöglich gemacht, ihre Apps und Spiele bekanntzumachen. Viele kleine und mittelgroße Entwickler haben deshalb auch aufgegeben. Andere kopieren mehr oder minder erfolgreich die Strategien der finanziell erfolgreichen Abzocker.

Dieser Trend des möglichst häufigen Nachkaufens hat ja auch die Bezahlspiele für Konsolen und PC erreicht, zum Beispiel in Star Wars Battlefront 2. Hier konnte Electronic Arts den Hals nicht vollkriegen und hat Lootboxen eingeführt, die man zusätzlich kaufen sollte. Erst nach massiven Protesten der Spieler und zahlreichen Stornierungen ruderte man zurück und hat diese Funktion „bis auf weiteres“ deaktiviert. Damit ist die Schlacht aber noch lange nicht geschlagen, denn die Aktionäre von EA wollen immer bessere Ergebnisse. Und was liegt da näher, als die Spieler wiederholt zur Kasse zu bitten. Andere Beispiele sind GTA V und Forza Motorsport. Das Ärgerliche dabei: Der Spielfluss wird gestört, die Mikrotransaktion ist die Wirklichkeit, nicht die Spielwelt, in die wir eintauchen wollten. Wenn dann noch die Spielinhalte so angepasst werden, dass die Spieler zu Käufen gedrängt werden, leidet auch die Qualität des Spiels.

Die Vorlage dafür haben zahlreiche Apps geliefert. Viele Nutzer, die zum Beispiel bei Candy Crush nicht abwarten konnten, die bei Game of War Vorteile erhofften und bei Clash Royale zugeschlagen haben, befeuerten die Entwicklung. Wer da unter den Herausgebern nicht mitmacht, ist selbst schuld. Aus den vielen Beträgen von 99 Cent bis 99 Euro wurden Milliardenvermögen, die zum Teil wieder in Marketing investiert werden konnten, um so noch mehr Spieler anzulocken. Da gibt es Formeln, die aufzeigen, dass jeder in Werbung investierte Euro vervielfacht zurückkommt.

Für uns Nutzer heißt das, dass die Entwicklung so weitergehen wird. Wir könnten das nur dadurch aufhalten, dass wir weniger In-App-Käufe tätigen und auf Pay-to-Win-Spiele verzichten. Klare Warnungen in Bewertungen, wenn man merkt, dass man ohne Zahlungen nicht weiterkommt und einfach mal öfter einen Stern geben und das begründen.

Auffällig war in 2017 auch, dass manche Märkte bevorzugt werden. Gerade in den Aufbauspielen, wo man ohne Geldeinsatz nur Kanonenfutter ist, konnten viele Spieler auch mit massiven Käufen nicht an die Asiaten und Russen herankommen. Chinesische Spielherausgeber bevorzugen ihre Landsleute, geben den Kunden aus anderen Länderen keinen Kundendienst, überraschen mit schlechten, unverständlich übersetzten Texten und zeigen sich überheblich, wenn ein zahlender Kunde Grund zu einer Beschwerde hat.

Die Platzhirsche im Geldverdienen, wie Game of War und Mobile Strike, haben in 2017 den Bogen überspannt und erleben eine völlig schwachsinnige Inflation. Kaum hat jemand einen Kauf getätigt, gibt es den erworbenen „Vorteil“ für jeden gratis, nur wenn er sich einloggt. Wer 100.000 Euro in das Spiel gesteckt hat (solche Leute gibt es tatsächlich), wird nie den Punkt erreichen, wo er ungefährdet ist. Ganz im Gegenteil: Einstmals mit viel Geld bezahlte Vorteile gibt es nun gratis für alle. Er muss also täglich weiterkaufen, weil die bereits erworbenben Spielfortschritte und Spielgegenstände nichts mehr wert sind. Die Rohstoffe sind im Trillionen und Quadrillionenbereich angelangt, einen Überblick hat wohl kaum noch einer.

Diese Spiele senden pro Tag locker über 100 Erinnerungs-Nachrichten, sind also stets omnipräsent. Bei jedem Einloggen eines Spielers gibt es zweimal eine Kaufaufforderung – zum Teil mit unwahren Versprechungen. „Schalte alles frei“ oder „nie wieder warten“ – tatsächlich stimmt das nicht. Wer darauf reinfällt, wird 20 bis 100 Euro los und bekommt viel wertloses Zeug, mit dem er wenig bis nichts anfangen kann-

Ich sehe hier einen Crash kommen, denn das Nachfolgespiel Final Fantasy XV: A New Empire ist schon da und wird stark beworben. Für mich sieht es nach einem letzten Auscashen aus. Mitnehmen, was geht. Es gibt genug Leute, die den Bezug zur Realität verloren haben. Wer es nicht glaubt: Die Besitzer der Firmen haben das schon einmal gemacht und ihre überhitzen Spiele einfach aus dem App Store entfernt. Wer gezahlt hatte, schaute in die Röhre.

Wichtiger werden in 2018 die nützlichen Apps. Ich denke, dass mehr Menschen darauf Wert legen. Dass sie Apps installieren, die ihnen im Alltag helfen, die ihr Smart Home steuern oder beim Einkauf behilflich sind. Gut war die Entwicklung bei den vielfältigen Streaming-Apps. Hier gibt es nun immer mehr ausgereifte Lösungen, mit denen man sich sogar einen Kabelanschluss sparen kann, ich werde im Januar darüber ausführlicher berichten.

Meine Hoffnung ist, dass die App Stores sich auf ihre frühere Faszination besinnen und die Apps fördern, die gut für die Nutzer sind. Das können auch Spiele sein.

In diesem Sinne wünsche ich einen guten Übergang in ein gesundes und glückliches 2018!

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Kategorie: Allgemein, Intern

Information zum Autor des Beitrages ()

Markus Burgdorf startete App-kostenlos.de im Januar 2010 und hat seitdem über 10.000 Apps getestet. Mittlerweile berät er über die App Agency App-Herausgeber in den Bereichen Vermarktung von Apps, Entwicklung von Apps, Internationalisierung und arbeitet mit seinen Kunden daran, das Nutzererlebnis bei der Verwendung von Apps zu verbessern.

Kommentare (5)

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  1. Miriam sagt:

    Hi Markus,

    ja, es ist deutlich schwere geworden eine App zu finden, die man nicht durch permanente In-App-Käufe oder gar Abos nutzbar machen muß. Um so glücklicher bin ich, daß du hier immer wieder ein Juwel vorstellst und auch auf die Mißstände aufmerksam machst.

    Ich wünsche dir für 2018 alles Gute

    Miriam

  2. Andreas sagt:

    Gut geschrieben. Vielen Dank für alle Mühen.
    Also auf ein gutes 2018.

  3. Kurt sagt:

    Hallo Markus,

    d. h. dass Apple selbst den Überblick verloren hat, weil sie die schlechten Kopien nicht ausfiltern kann, was ich erwarte.

    Deine Einstellung ist wirklich lobenswert. Täglich neue Apps bringen zu wollen/müssen ist wahnsinn.

    Vielen Dank für deine Arbeit

    Kurt

  4. Dirk sagt:

    Hallo Markus
    Erst einmal vielen Dank für dein Bemühen stets brauchbare Apps auffindig zu machen. Es sind immer mal wieder echte Perlen dabei, die ich nicht mehr missen möchte (z.B. 1Password)
    Abbomodelle und In App Käufe reduzieren bei mir auch seit einiger Zeit die Lust auf Neues und hoffe, das eine Gegenbewegung entsteht.
    Viel Glück und Erfolg für 2018
    Dirk

  5. Maria sagt:

    Toller Artikel!
    Seit 7 Jahren nutze ich nun Apple Produkte. Anfangs waren sehr häufig wunderbare Spiele kurzzeitig kostenlos verfügbar, die ich über diese Seite empfohlen bekam und wirklich sehr lange mit Vergnügen spielen konnte (bspw. Royal Envoy oder die Baphomets Fluch-Reihe). Mit Erschrecken musste ich feststellen, dass viele dieser Spiele nicht mehr im App Store angeboten werden (vielleicht zu wenig Profit)? Nur langsam wurde mir außerdem bewusst, dass es schon seit 1-2 Jahren nichts wirklich interessantes mehr gibt. Mit den In-App-Käufen kann ich nichts anfangen, ich lösche alle Apps direkt wieder die mich dazu auffordern. Sehe es nicht ein echtes Geld reinzubuttern.
    Ich warte gespannnt auf den Artikel bezüglich der Streaming Apps und Kabelfernsehen, da auch bei mir bald das analoge TV abgeschaltet wird.

    Danke für alles!

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