Multiplayer Kriegsspiele auf Smartphones: Wenn der App-Herausgeber Dein größter Feind ist

| 15. August 2015 | Noch kein Kommentar

Clash of King IconIn den App Stores von Google und Apple gibt es mittlerweile zahllose Online-Multiplayer Kriegsspiele. Nach den Vorbildern von Clash of Clans, Game of War und anderen haben sich mittlerweile viele deutsche und internationale Spielstudios auf dieses Genre konzentriert und hunderte Spiele dieser Art herausgebracht. Denn hier lässt sich richtig Geld verdienen.

Das Grundprinzip ist immer gleich: Man baut eine Burg, eine Basis, eine Stadt, bildet Truppen aus, stuft Gebäude hoch – und sammelt die für alle Verbesserungen nötigen Rohstoffe im Umfeld. Zusammen mit dem Spieler sind hunderte andere Spieler aus allen möglichen Ländern auf dem jeweiligen Spielserver unterwegs. Und alle basteln an ihren Verteidigungsanlagen, forschen neue Technologien und befinden sich so im Wettrennen mit den anderen Spielern.

Da es Kriegsspiele sind, kann es jederzeit zu Angriffen anderer Spieler kommen. Deshalb organisiert man sich in Bündnissen, platziert die Burgen oder Basen in Gruppen und hofft so, dass das Bündnis als Abschreckung funktioniert. In den Bündnissen hilft man sich mit den knappen Ressourcen aus, spricht im Chat über Strategien und Real-Life und wird auch ziemlich stark in ein soziales Gefüge eingebunden.

So weit hört sich das alles sehr gut an. Es sind Spiele, die endlos laufen, schon allein auch deshalb, weil die Bauzeiten mit jedem Level deutlich verlängert werden. Das ist in den ersten Tagen bis Wochen noch anders, da hat man viele Erfolgserlebnisse, weil die Bau- und Entwicklungszeiten nur wenige Minuten betragen und die verbesserten Gebäude dann auch meist mit einer neuen Animation etwas prächtiger wirken.

Und doch ist die Realität eine andere und ich möchte in diesem Artikel versuchen, eine Analyse zu bieten:

Spieler werden mit Tricks in die Sucht getrieben

Wie bereits gesagt ist aller Anfang leicht. In den ersten Tagen des Spielens verbessert der Spieler seine Burg und die die Burg umgebenden Gebäude sehr zügig. Gut, es fällt bereits auf, dass man bestimmte Gebäude nicht einfach hochstufen kann, denn alles hängt mit allem zusammen. Um zum Beispiel ein Getreidefeld auf die nächste Stufe upgraden zu können, muss vorher das Hauptgebäude der Siedlung (meistens die Burg) den höheren Level haben. Den kriegt sie aber nur, wenn vorher einige der zentralen Funktionsgebäude das gleiche Niveau wie die Burg erreicht haben. Dazu ist dann eventuell noch Forschung notwendig – und so wird das Spiel immer komplexer.

Aber grundsätzlich werden die ersten Tage des Spielens mit vielen kleinen Erfolgen angenehm. Eventuell hat man auch noch einen Schutzschild über der Siedlung, so dass andere Spieler nicht angreifen können.

Bei jedem Betreten des Spiels gibt es Belohnungen abzuholen. Und das nicht zu knapp. So laufen so genannte Quests die ganze Zeit im Hintergrund und werfen die Belohnungen aus, sobald sich das Gerät mit dem Server verbindet. In einigen Spielen muss man auch manuell die Felder abernten, den Abbau der Minen und das von den Holzfällern geschlagene Holz einsammeln. Das ist dann teils sehr nett animiert.

Mit diesen Belohnungen kann man dann kleinste Vorteile erhalten, seien es nun Rohstoffpakete, Zeitvorteile oder ein paar Münzen. Der Spieler kommt also voran, freut sich über ständige Belohnungen und arbeitet so mit zunehmendem Zeitaufwand daran, seine Siedlung zu stärken. Er gewöhnt sich mehr und mehr an das Spiel und jedes Mal, wenn er das Spiel startet, wird das Belohnungszentrum im Gehirn angesprochen. Toll, lieber Spieler, das Du da bist. Nun kümmere Dich um deine Siedlung.

Was der Spieler nicht bewusst wahrnimmt, ist, dass er immer tiefer eintaucht. Er merkt sich nun, wann sein nächsten Gebäude-Upgrade fertig wird, sucht auf der Karte nach Ressourcenfeldern, denn die Rohstoffe reichen mittlerweile nicht mehr und vielleicht schließt er sich einem Bündnis an. Diese Bündnisse sind hierarchisch aufgebaut – nur wer hier wirklich Aktivität zeigt, kann im Bündnis aufsteigen. Also beteiligt maqn sich am Chat, organisiert gemeinsame Feldzüge, stellt Truppen für die Verteidigung zur Verfügung und spendet anderen Spielern die zuvor mühevoll zusammengesammelten Rohstoffe.

Das Bündnis wird nun fast zu einem zweiten Freundeskreis. Es ist immer jemand online, man spricht auch über alles Mögliche außerhalb des Spiels. Leute, die mit dem Spielen aufhören wollen, werden wieder motiviert, denn jeder, der nicht mehr spielt, ist ein Verlust für das Team.

Die Siedlung ist mittlerweile (nach mehreren Wochen Spieldauer) auf Level 10 bis 15 angekommen, der Spieler hat nun 100.000 Truppen und seine Siedlung sieht prächtig aus. Er hat vielleicht mal 4,99 Euro für ein Anfangerpaket investiert, da gab es ein paar Zeitgewinne, etwas Gold und einige Ressorcen für. Er hatte sich dadurch einen Vorteil erhofft – und ja, er konnte ein Bauprojekt schneller abschließen. Denn eigentlich wollte er ja kein Geld ausgeben, auch wenn bei jedem Betreten des Spiels ein angebliches Sensationsangebot aufpoppt.

Mittlerweile ist er aber auch in der Realität des Kriegsspiels angekommen. Seine Siedlung ist immer in Gefahr und wenn er Rohstoffe sammeln geht, kann er sein Gerät kaum aus den Augen lassen, denn wenn er auf dem Rohstofffeld angegriffen würde, wären seine Truppen vernichtet. Das Spiel beginnt, den Alltag des Spielers zu beeinflussen. Denn er muss sich immer wieder einloggen, um seine Siedlung zu schützen, neue Rohstoffsammler rauszuschicken und zu sehen, was im Bündnis passiert. Werden wir angegriffen?

Der Spieler ist mittlerweile nicht nur für seine Siedlung verantwortlich, sondern hat eventuell auch in seinem Bündnis eine Rolle zugewiesen bekommen.

Spielbalance zu Ungunsten der Spieler verschoben

Der Spieleherausgeber nutzt die Angst des Spielers vor Angriffen auf seine Basis oder Stadt geschickt aus. Er macht das, indem er selbst Kampfhandlungen fördert und belohnt. So veranstalten die meisten Herausgeber zwei bis drei PvP-Wettbewerbe pro Woche, bei denen man Preise für die Vernichtung gegnerischer Truppen gewinnen kann. In solchen Events gelten auch Bündnisse mit anderen Allianzen nur noch bedingt – und eigentlich ist es wie Jeder gegen Jeden. In dieses PvP-Events ist die Chance angegriffen zu werden, natürlich besonders hoch.

Jetzt könnte man denken, dass man dafür einfach nur genug Soldaten ausbilden muss und dann sicher ist. Doch das stimmt leider nicht. Durch das Levelsystem die Forschung und in manchen Ländern billigere In-App-Käufe gibt es auf jedem Server ein paar übermächtige Spieler, die jeden Normalspieler mit einem Angriff „nullen“ können. Das bedeutet, dass diese Spieler ohne eigene größere Verluste mit einem Angriff locker eine Viertelmillion Truppen (für deren Aufbau man Wochen braucht) erledigen können. Die Gefahr für den Angreifer ist gering und selbst die über längere Zeit aufgebauten Verteidigungstruppen werden weggeblasen, als seien sie Papierattrappen.

Kann man sich denn nicht schützen? Doch man kann. Dazu muss man nur Schutzschilde kaufen und aktivieren. Die halten, je nach Spiel, 8 Stunden bis 30 Tage und müssen mit der Zweitwährung des Spiels bezahlt. Diese Zweitwährung ist das eigentliche Problem, denn außer ein paar Belohnungsalmosen kann man diese im Spiel nicht verdienen. Man bekommt sie nur durch teure In-App-Käufe.

In Clash of Kings zum Beispiel können die PVP-Events drei Tage dauern. Eine Schutzhaube für 3 Tage kostet 2500 Goldstücke, das entspricht einem Preis von etwa 20 Euro. Und damit hat man nur ein PVP-Event überlebt. Wer sich das nicht leisten kann oder will (schließlich sind das pro Monat allein schon 80 bis 100 Euro), muss eigentlich ständig online sein und schnell reagieren können.

Präsentationsbilder für Clash of Kings im App Store. Sieht nach Abenteuer und Spannung aus...

Präsentationsbilder für Clash of Kings im App Store. Sieht nach Abenteuer und Spannung aus…

Hier haben sich die Spieleherausgeber nämlich noch eine Gemeinheit einfallen lassen. Man kann nämlich seine Siedlung porten, also zu einem anderen Punkt auf der Karte „fliegen“, sich dort niederlassen und innerhalb von Sekunden einen anderen Spieler angreifen. Das ist unrealistisch und unsinnig, erhöht aber für alle Spieler die latent immer vorhandene Gefahr. Normal wäre es ja, dass ein Angreifer erst einmal mit seinen Truppen einen Weg marschieren muss, um in gegnerisches Gebiet vorzudringen. Dann könnte man sich ja immernoch überlegen, ob man die Stadt schützt, ob man die Truppen aus der Stadt abzieht oder dem Angriff standhalten will. Diese Entscheidung wird durch das Porten zerstört.

Wenn nun ein übermächtiger Chinese oder Russe eine Siedlung angreift, dann gibt es ja zum Glück auch Krankenhäuser für die eigenen Truppen. Diese Krankenhäuser sind im Bau sehr teuer, weshalb viele Spieler sie vernachlässigen. Jedes Krankenhaus kann je nach Level eine bestimmte Anzahl Soldaten aufnehmen. Sind die Krankenhausbetten belegt, sterben die übrigen Soldaten einfach.

Nun könnte man meinen, dass die Krankenhäuser eine gute Hilfe darstellen, wenn man angegriffen wurde. Ich bleibe mal beim Beispiel Clash of Kings. Wenn da zum Beispiel 60.000 Truppen im Krankenhaus sind, braucht man etwa 4 Millionen Nahrungspunkte und über eine Million Holz, um sie zu kurieren. man hat aber ja keine Truppen mehr, um Rohstoffe einsammeln zu können und durch den Angriff hat der Gegner die Rohstoffe, die man vielleicht für den nächsten Levelaufbau der Burg gesammelt hatte, erbeutet. Ich habe das mal umgerechnet. Um die Truppen nun schnell zu kurieren, müsste man einen In-App-Kauf zu 99 Euro machen. Kuriert man zu langsam, besteht die Chance, dass ein erneuter Angriff die gerade geheilten Truppen wieder zurück ins Krankenhaus schickt.

Etwas besser machen es Invasion und Game of War. Hier kann man einen Feldzug auf einen anderen Spieler starten. Der dauert 8 Stunden plus Weg und kann so bis zu 11 Stunden Sicherheit für einen Großteil der Truppen bedeuten. Er sollte aber kurz vor Ablauf erneuert werden, denn sonst marschieren die Truppen tatsächlich los.

In der griechischen Mythologie gibt es den Sisyphos, der immer wieder versucht, einen Felsblock den Berg raufzuschieben, der kurz vor dem Gipfel wieder ins Tal zurückrutscht. So ergeht es dem Spieler auch. Er baut wochenlang Truppen auf, die durch einen Angriff vernichtet oder ins Krankenhaus geschickt werden. Dann baut er wieder auf, um nur wenige Wochen später wieder alles zu verlieren. Kurzfristige Abhilfe ist nur mit teuren In-App-Käufen möglich – aber wenn man weiss, dass manche Spieler jeden Monat tausende Dollar oder Euro investieren, dann kann man den Kampf nicht gewinnen.

Manche Spieler flüchten dann auf neu errichtete Server, wo sie nochmal von vorne anfangen. Aber auch diese Strategie geht nicht auf, denn schon nach kurzer Zeit werden sie auch hier überholt und zum Spielball der übermächtigen Spieler.

Jeder Spieler, der mehrfach hintereinander „genullt“ also siegreich angegriffen wurde, fällt in ein tiefes Tal der Frustration. Da wird geschimpft, im Chat geschrieen und erst kürzlich hatte ich sogar einen Anruf von der Polizei, weil ein Spieler seinen Selbstmord im Chat angedroht hatte. Der Polizist berichtete mir, dass man immer mehr Probleme durch diese Spiele habe.

Etwas besser macht es DomiNations, denn da bleiben auch bei erfolgreichen Angriffen auf das eigene Dorf die eigenen Truppen unversehrt. Das ist zwar auch nicht realistisch, aber dafür fällt dieser Frustrationsauslöser weg und das Spiel kommt insgesamt positiver rüber. Hier werden nur die immer länger werdenden Wartezeiten nervig und führen dazu, dass Spieler In-App-Käufe tätigen, um ihre Siedlung zu verbessern.

Bei Game of War kann man seine Siedlung nicht ohne Schutz lassen, denn sobald ein Schutzschild ausgelaufen ist, wird man angegriffen. Das passiert auch außerhalb der PvP-Kriegsevents ständig, so dass man auf den Karten inzwischen sehr viele verwaiste Siedlungen findet, die von ihren Erbauern aufgegeben wurden. Selbst wenn man es bis zum höchsten Level 21 geschafft hat, hat man keine Chance. Ein Level 21 Spieler hat normal so 50 – 200 Millionen Kraftpunkte – die sich hereinportenden Angreifer haben nicht selten über eine Milliarde Punkte und können gleich mehrere Angriffswellen fahren, die immer dazu führen, dass der angegriffene Spieler alle Truppen verliert (von den Krankenhausbelegungen abgesehen). Selbst das Sammeln von Rohstoffen macht hier kaum noch Sinn, da bei einem Angriff auf ein Rohstofffeld einfach alle Truppen verlorengehen. Also muss man ständig ein Schutzschild nutzen – und weite Teile des Spiels funktionieren so nicht mehr. Die fehlende Balance und der Wille, möglichst viel Geld herauszuholen, macht das Spiel zunehmend unattraktiv. Das hat der Herausgeber wohl gemerkt und bei den Belohnungen und Almosen kräftig aufgestockt. Da die aber alle Spieler erhalten, ist der reale Effekt dieser Maßnahme gleich null. Ein psychologischer Trick, der dem Spieler vorgaukelt, dass nun wieder etwas passiert.

Den Spieler melken, bis er merkt, dass er nie gewinnen kann

Die Spieleherausgeber arbeiten intensiv daran, dass immer etwas im Spiel passiert. Updates werden hektisch und teils ungeprüft rausgehauen, ständig finden bis zu fünf Events gleichzeitig statt und wenn der Spieler sich an etwas gewöhnt hat, wird es wieder verändert. Dabei fällt auf, dass die chinesischen Anbieter einen Aktionismus an den Tag legen, der irgendwie beeindruckend ist, denn er stresst die Spieler zusätzlich. Entsprechend fallen dann immer wieder die Server aus, was für Spieler ein zusätzlicher Stressfaktor ist, denn sie können sich nicht einloggen und ihre Siedlung nicht beschützen. Emails kommen in Englisch, Franösisch, chinesisch oder spanisch und wenn sie mal in deutsch kommen, sind sie so fehlerbehaftet, dass man zum Teil den Sinn der Mail nicht verstehen kann. Auf Qualität legen die Chinesen keinen Wert, es geht allein darum, die Spieler zum Zahlen zu bewegen. Und dafür ist jedes Mittel recht.

In Clash of Kings gibt es eine deutsche Allianz, die einmal pro Woche von den übermächtigen Chinesen angegriffen wird. Die Aufbauarbeit ist dann wieder dahin (Sisyphos) und jedes Mal haben ein paar Spieler die Schnauze so voll, dass sie das Spiel aufgeben. Es gibt aber immer genug neue Spieler, die die entstehenden Lücken füllen, so dass die Allianz zwar an Stärke verliert, von der Personenzahl aber stabil bleibt.

Die Aufgabe der Spielbetreuer beim Herausgeber ist es, möglichst viel Geld aus den Spielern rauszuholen – und das so lange, bis der Spieler versteht, was hier eigentlich gespielt wird. Pay2Win heißt die Devise, man müsste sie aber noch anders ausdrücken, denn selbst wenn ein Spieler im Monat 200 Euro für ein solches Spiel ausgibt, hat er keine Chance zu gewinnen. Stattdessen wird das Spiel für ihn langweilig. Er muss nämlich seine Siedlung per Dauerschild schützen, allein das kostet schon die 200 Euro – und wenn er nur einmal ein paar Minuten nach Ablauf des Schildes erst online geht, kann seine ganze Truppen-Aufbauarbeit zerstört sein. Also müsste der Spieler im Monat mindestens 1000 Euro investieren, wenn er wirklich in der höchsten Liga der mächtigsten Spieler auf seinem Server mithalten will.

Schaut man sich die Rangliste der umsatzstärksten Apps in Deutschland  an, dann findet man dort gleich eine ganze Menge dieser Spiele:

  • Clash of Clans
  • Game of War – Fire Age
  • Boom Beach
  • Empire: Four Kingdoms
  • Clash of Kings – Last Empire
  • Schloss Konflikt: Castle Clash
  • Stormfall: Rise of Balur
  • Lords & Knights – Mittelalter Strategie MMO
  • Age of Warring Empire
  • Empire Z
  • VEGA Conflict
  • Invasion
  • Rival Kingdoms

Diese Spiele befinden sich alle unter den Top 100 Apps in Deutschland, die am meisten Geld über In-App-Käufe einnehmen. Man sagt, dass etwa 10% der Spieler, die ein solches Spiel runterladen, auch zu zahlenden Spielern werden. Für die weiter oben platzierten Spiele dürfte dieser Wert deutlich höher liegen.

Es hat eine gewisse Tragik, dass viele Spieler erst nach mehrfacher Zahlung verstehen, dass das Spielprinzip so ist, dass sie nie gewinnen werden. Sie erkaufen sich mit In-App-Käufen einen ganz kleinen Vorteil, der aber nicht nachhaltig wirkt. Und so steigern manche Spiele zunächst die Käufe, bis sie dann feststellen, dass sie hier endlos Geld in ein Spiel pumpen, welches nur darauf angelegt ist, sie immer wieder zahlen zu lassen.

Manche der Spiele bieten mittlerweile Monatsabos, wo man täglich eine bestimmte Anzahl Goldstücke oder Diamanten bekommt – das wäre für süchtige Spieler noch das geringere Übel, weil hier die Kosten nicht so aus dem Ruder laufen.

Grandiose Fernseh-Werbung für Game of War – mit dem Spiel hat diese Werbung mit Kate Upton jedoch weit weniger zu tun, als man erwarten würde. Das machen andere Anbieter allerdings ähnlich.

 

Mit den Millioneneinnahmen durch In-App-Käufe pro Monat wird sehr stark in Marketing investiert, um täglich zehntausende bis (weltweit gesehen) hunderttausende neue Spieler zu generieren, von denen immer ein Teil dabeibleibt. Und davon wieder ein weiterer Teil zu einem zahlenden und abhängiger Spieler werden wird. Ein neuer Spieler kostet im Schnitt 2 bis 3 Euro an Marketingaufwand. Wenn nur 10% der neuen Spieler zu wiederholten In-App-Kauf-Zahlern werden und im Schnitt so lange sie spielen geschätzte 75 Euro ausgeben, dann lohnt sich das jedes Mal. So können die Herausgeber in die Verbesserung ihrer Spiele investieren und neue Spiele ähnlichen Modells entwickeln und mit großem Marketing-Getöse in den Markt bringen. Eine Gelddruckmaschine…

Das starke Marketing hat noch einen unangenehmen Nebeneffekt. Spiele kleinerer Publisher sind nicht mehr sichtbar und werden so auch deutlich weniger runtergeladen. So wird ein möglicher Wettbewerb auf Abstand gehalten oder im Keim erstickt.

Kundendienst Fehlanzeige

Wir erhalten viele Berichte von Spielern, die sich über die Kundendienste der Multiplayer Kriegsspiele bitter beschweren. Deshalb haben wir in den letzten Monaten als Spieler selbst einige Kundendienstanfragen an Spieleherausgeber geschickt. Es ist tatsächlich so, dass die Kundendienste nicht funktionieren. Meist gibt es überhaupt keine Antwort, selten erhält man als Antwort ein Standardmail, welches natürlich auf die gestellte Frage nicht eingeht und insofern dem Kunden nicht hilft. Wir haben in deutscher Sprache unterschiedliche Anfragen zu verschiedenen Themengebieten der Spiele gestellt und nicht eine zu unserer Anfrage passende Antwort erhalten.

Nicht einmal der zahlende Kunde erhält Antwort – und das führt dann natürlich zur Verärgerung der Nutzer, die merken, dass sie eigentlich nur zahlen und die Klappe halten sollen. Kundendienst ist teuer, argumentieren die App-Herausgeber, aber ein guter Kundendienst steigert die Nutzerzufriedenheit. Offenbar macht es mehr Sinn mit Fernsehwerbung und Marketingaktionen neue Spieler reinzuholen, als sich mit unzufriedenen Nutzern zu beschäftigen.

Die Chinesen haben sich was ganz Pfiffiges ausgedacht: Spieler können sich dort als „Botschafter“ bewerben und muss dann jede Woche einen Strategieartikel über das Spiel verfassen und in deren Forum veröffentlichen. Zusätzlich wird erwartet, dass der Botschafter noch pro Woche mehrere Anfragen im Forum beantwortet. Dafür gibt es dann als Entlohnung ein paar Goldstücke (kostet den Herausgeber ja nichts) So kann man den Kundendienst auch outsourcen.

Auch die schlechten Übersetzungen der Spieltexte durch Google werden so von den Spielern nach und nach korrigiert. Auch dafür gibt es ein paar Almosen.

Scheinheilige Kommunikation

In diesem Zusammenhang passt es natürlich, wenn die Spielehersteller in ihrer Kommunikation in den Spielen oder auf facebook immer den Eindruck erwecken wollen, dass man sich um jeden einzelnen Spieler kümmere. Da wird zum Tag der Freundschaft gefragt, ob man nicht auf facebook berichten wolle, welche tollen Freundschaften man über das Spiel geschlossen habe. Clash of Kings glaubt sogar, dass man durch ihr Spiel eine Sprache lernen könne (so ein Quatsch) und ständig gibt es Aktionen, bei denen die Spieler mitmachen sollen. Dafür werden dann tolle Belohnungen ausgelobt, die aber (wenn überhaupt) nur einer der Teilnehmer erhält.

Überhaupt facebook: Alle Spielehersteller versuchen, auf die facebook-Accounts ihrer Spieler zugreifen zu können. Nachdem der Komplettzugriff durch die dann von den Spieleherausgebern unerlaubt massenhaft versendeten Spieleinladungen nicht mehr so gern gesehen wird, macht man jetzt ständig Wettbewerbe, bei denen man Beiträge des Herausgebers liken und noch besser teilen soll, damit möglichst kostenlos weitere Spieler geworben werden können.

Man versucht, ein Gemeinschaftsgefühl aufzubauen und gleichzeitig den grimmigen Kriegsspieltenor nicht zu vernachlässigen. Wer sich täglich mehrfach einloggt und seine Siedlung über Monate aufbaut, der verliert etwas, wenn er das Spiel aufgibt. Und so lässt man den Spieler einfach nicht aus den Fingern, sondern bombardiert ihn ständig mit mehr oder minder sinnvollen „Nachrichten“ und Aktionen.

Fazit

Wer sich auf ein Online Multiplayer Kriegsspiel auf dem Smartphone oder Tablet einlässt, sollte sich der Gefahren bewusst sein. Die Sucht entsteht schleichend und versteckt sich hinter den angenehmen Spielerlebnissen der ersten Tage. Wenn das Spiel zum Stress wird, ist es bereits zu spät.

Und wenn man sich die Laune dadurch verderben lässt, dass man gerade seine Truppen verloren hat oder die Siedlung angegriffen wurde, dann sollte man seinem Ärger freien Lauf lassen und mit einem Lächeln auf dem Gesicht das Spiel einfach löschen. Das ist die einzige Gegenwehr gegen Spiele, die uns ganz bewusst und sehr trickreich in eine Abhängigkeit bringen, um möglichst viel Geld aus uns herauszupressen.

Wenn man sich ansieht, wie rigoros der deutsche Staat in den letzten Jahrzehnten gegen Glücksspiel vorgegangen ist, dann ist es eigentlich unverständlich, dass diese Art Spiele mit ihren Einsätzen bis zu 99 Euro pro Kauf bei diesem Suchtpotenzial komplett unreguliert sind.

Ich sehe hier – gerade nach dem Gespräch mit inzwischen mehreren Polizisten – durchaus Handlungsbedarf.

 

 

 

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Information zum Autor des Beitrages ()

Markus Burgdorf startete App-kostenlos.de im Januar 2010 und hat seitdem über 10.000 Apps getestet. Mittlerweile berät er über die App Agency App-Herausgeber in den Bereichen Vermarktung von Apps, Entwicklung von Apps, Internationalisierung und arbeitet mit seinen Kunden daran, das Nutzererlebnis bei der Verwendung von Apps zu verbessern.

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